Eine quälend lange zweite Chance (Teil 1)
Freitag nachmittag, 28 Grad im Schatten, Sommerlaune und der Drang, endlich mal wieder einen Feierabend bei schönem Wetter zu genießen. Marks Email kam gerade recht: „Hey Leute – Lust, mal wieder Beachvolleyball zu spielen?“. Gesagt, getan. Zwei Stunden später war die alte Truppe wieder beisammen und mit noch ungewohnt steifen Gelenken wurde der Ball mit wenig Eleganz, aber umso mehr Freude über das Netz gespielt.
Ich genoss die Bewegung, den Sand unter den Füßen und die Sonne auf der Haut. Besonders genoss ich es, als ich als Steller am Netz an der Reihe war und ich so direkt am Netz einen ungetrübten Blick auf Sara hatte, die mir gegenüberstand und mir frech in die Augen sah.
Sofort spürte ich, wie mein Gesicht noch heißer glühte als die Sonne – und die Erinnerung an die Saisonabschlussfeier im letzten Jahr war wieder präsent. Ausgelassene Stimmung, ihr fordernder Blick, das ein oder andere Glas zu viel, meine Hand auf einmal unter ihrem knappen Top – und plötzlich die Erkenntnis das ihr Blick wohl nicht mir galt. Mir galt nur die nachfolgende Ohrfeige, und noch jetzt spürte ich den Schmerz, den ich ein wenig im Gesicht und mit voller Wucht im Herzen spürte.
Ein halbes Jahr hatte ich sie seitdem nicht mehr gesehen. Sara war noch hinreißender geworden – Ihre kecken grünen Augen ein umwerfender Kontrast zum Blutrot ihre langen Haare. Das Braun des letzten Jahres war einem dunklen Rot gewichen, das ihre verzaubernden Gesichtszüge noch mehr zur Geltung brachte. Ihr Busen zeichnetensich so sinnlich durch ihr enges Shirt, dass ein Wegsehen unmöglich war. Sofort waren die Erinnerungen wieder da, an die weiche Haut ihrer Brüste, an den magischen Moment, da ich ihre Knospen berührte, wenn auch nur für Sekunden.
Wie hatte ich dieses Wiedersehen ersehnt und mich gleichzeitig davor gefürchtet. Aber entgegen meiner schlimmen Befürchtungen lächelte sie mich an, und sofort war ich wie verzaubert. Eine Erregung nahm von mir Besitz, wie ich sie nur selten erlebt habe. Nicht nur das übliche, lüsterne Aufflammen in der Lendengegend, sondern ein prickelndes, sinnliches Gefühl, das meinen Körper durchpflügte wie eine tosende Brandung den Sand des Strandes…
Bildete ich mir nur ein, dass sie mich wieder so fordernd anlächelte, wie damals. Und ging sie - obwohl sie Stellerin war - etwa mit Absicht zur Annahme ein wenig in die Knie, um mir einen besseren Blick auf ihr Dekollete zu gewähren? Der Ball, der hart an meine Schläfe schlug, riss mich aus allen Träumen. „Hey, Nigel, du bist wohl zu fett geworden zum Spielen!“, rief Mark, der offenbar froh war, dass die allgemeine Schadenfreude über meinen "Abschuss" von seinem schlechten Aufschlag ablenkte. Es war nur ein Witz, aber mit seinen Worten hatte er eine empfindlichere Stelle getroffen als mit dem Ball. Der Stress der letzten Monate hatte sich tatsächlich in einem kleinen Polster auf den Hüften niedergeschlagen, das sich beim besten Willen nicht mehr verleugnen ließ. Und hatte dieser Stress nicht zufällig nach der besagten Saisonabschlussfeier schlagartig zugenommen…?
Es wurde bald dunkel, und wir ließen den Abend an der Strandbar ausklingen. Bei Hamburgern und kühlem Bier war die Anstrengung des Spiels schnell vergessen und wir lachten ausgelassen. „Nigel, so wird das aber nichts mit dem Abnehmen“, rief Mark zu mir rüber, als ich meine Bierflasche in einem langen Zug leerte. Er hatte ja recht. „Ich kann mich einfach nicht motivieren“, rief ich ihm rüber, „ich bräuchte schon so eine Psycho-Folter wie in diesem Stephen-King-Buch. Ein Mann fällt einem sadistischen Coach in die Hände, und immer, wenn er zugenommen hat, bekommt er Elektroschocks…“
Mark lachte und ging neues Bier holen, so dass ich auf einmal alleine auf meiner Bierbank saß. Plötzlich hörte ich hinter mir Saras Stimme, und sofort schlug mein Herz zwei Gänge schneller und mein Blut wusste gar nicht, ob es dringender für die Wangenröte oder für meine Erektion benötigt wurde. „Typisch Männer, keine Disziplin“, sagte sie und schwang sich neben mich auf die Bank. Das waren die ersten Worte, die sie seit letztem Jahr mit mir gesprochen hatte.
Natürlich wusste ich, dass sie bemerkte, wie unverhohlen ich auf ihren wippenden Busen starrte, der sich so verführerisch unter ihrem Shirt zu erkennen gab – genau richtig, nicht zu groß, nicht zu klein. Aber ich konnte nicht anders.
„Ich weiß, was dir ganz schnell helfen würde“, sagte sie und zog mich mit ihrem koketten Lächeln sofort in ihren Bann. Wenigsten starrte ich ihr jetzt nicht mehr auf die Brüste.
„Nämlich?“, fragte ich perplex. Sie lachte, und alleine der Klang ihrer Stimme wirkte bei mir schneller als das stärkste Viagra. „Vergiss die Elektroshocks, es ist ganz einfach: Kein Sex mehr, bis du abgenommen hast.“ Das hatte ich nicht erwartet. Ich wurde so rot, dass mein Gesicht mit dem Blutrot ihrer Haare konkurrieren konnte. Mit einer Energieleistung zwang ich mich zu einer Antwort: „Ich hab doch zur Zeit sowieso keinen Sex, was glaubst du, warum ich meine Lust am Bier befriedigen muss?“
Jetzt sah sie mich durchdringend an und ihre Augen funkelten. „Ich meine GAR KEINEN Sex", sagte sie, und dabei schlug ihre Stimme in eine Kälte um wie bei Cate Blanchett in "Herr der Ringe", als Frodo ihr den Ring anbietet. Ich zittere, als sie weiterspricht: "Auch keine kleinen Wichsereien, während man sich an der Erinnerung aufgeilt, kleinen unschuldigen Mädels an den Busen gegrapscht zu haben“. Das saß, ich stammelte nur und erwartete förmlich den schallenden Aufprall einer nächsten Ohrfeige.
Aber nichts passierte. Stattdessen rückte Sara etwas näher an mich heran und beugte sich zu meinem Ohr herüber. Mit leiser Stimme fuhr sie fort. Die Kälte war wieder verflogen, aber plötzlich klang sie sehr ernst. „Dass ihr Männer einfach doch immer Männer sein müsst. So plump, so dreist, so notgeil. Du hättest mich haben können im letzten Jahr. Ich war so feucht an dem Abend, dass du mit mir den Platz hättest wässern können. Aber mit dieser kindischen Grapscherei vor aller Augen und dem besoffenen Macho-Gehabe hast du alles kaputt gemacht.“ Jetzt war ich in der Achterbahn meiner Gefühle nur noch Passagier, während ich ihr lauschte wie das Kaninchen vor der Schlange: „Ich hab dir echt die Pest an den Hals gewünscht. Aber heut kann ich dir irgendwie nicht mehr böse sein, du guckst so süß bescheuert, so schuldbewusst. Vielleicht kriegst du ja doch nochmal eine zweite Chance.“
Mein Herz raste und ich wollte sie nur noch berühren. Mein Arm wollte sich schon um sie legen, aber ich stoppte, ängstlich, wieder etwas kaputt zu machen. Sara beugte sich wieder zurück und sah in eine andere Richtung. „Aber so aufgedunsen kannst du’s vergessen, da müssen mindestens sieben Kilo runter. Komm morgen früh zum Frühstück zu mir, dann fangen wir an mit deiner Diät“, sagte sie - mehr in die Nacht hinein als an mich gewandt. Dann stand sie auf und ging wortlos zu ihrem Fahrrad. Ich erhaschte noch einen letzten Blick auf ihren verführerischen, knackigen Hintern, als sie sich auf den Sattel schwang, dann fuhr sie davon. Ich sah ihr noch lange nach, und das Gerangel meiner Gefühle war anstrengender, als das gesamte Spiel vorher. War das gerade wirklich passiert? Unbewusst streichelte ich mir mit der Hand über den Bauch, und als ich es bemerkte, hasste ich mich für meine Verfressenheit und für meine Tolpatschigkeit. Ich wusste, ich war ein Idiot. Und ich wusste, es würde eine lange, schlaflose Nacht werden…